7. Konzert: Sophie Pacini

Der Versuch mit der Bühnenbeleuchtung einen besonderen Effekt hinzubekommen, gab Anlass zur Diskussion bei einigen Besuchern. Einige fühlten sich gestört, andere fanden es gut; spätestens, als in der zweiten Hälfte die Intensität und Farbe etwas zurückgenommen war, bestand für niemanden mehr Grund zur Klage. Die neu angeschafften LED´s  werden in Zukunft wieder etwas dezenter eingesetzt.

Sophie Pacini fühlte sich dadurch nicht abgelenkt. Die erste Programmhälfte interpretierte sie Werke von Chopin und Skjabin, deren Zusammenhang bzw. Auswahl und Zusammenstellung sie den Zuhörern im Theater an der Blinke darlegte.

Gerade die Einführung in die monströse h-Moll-Sonate von Liszt hat vielen Abonnenten den Zusammenhang dieses grandiosen Werks nahegebracht, so dass die Aufführungsdauer von knapp 30 Minuten wie im Flug vorbeigingen. Es war eine grandiose Darbietung, die Schwung hatte, die Tiefe des Werks und seine Struktur wurden durch den Klangsinn der Pianistin auf wunderbare Weise erlebbar.

Die Zugabe wird vielen Besuchern noch im Ohr klingen: „Lascia ch’io pianga“, die berühmte Arie aus Händels „Rinaldo“ in einer Bearbeitung für Klavier von Moritz Moszkowski.

Konzertkritik

Lärm oder Musik? Schaurig oder über die Massen schön? Wüstes Toben oder edle Erhabenheit? An Franz Liszt schieden sich die Meinungen schon unter seinen Zeitgenossen, insbesondere in der Beurteilung seiner Sonate h-Moll für Klavier. Die Pianistin Sophie Pacini erläuterte am Samstag in der Leeraner Blinke beim Konzert des Vereins junger Kaufleute, warum sie in diesem Riesenwerk inhaltlich und musikalisch Goethes „Faust“ wiederfindet. Sicher gäbe es, wie so oft in der Kunst, andere Deutungsmöglichkeiten; diese aber waren nicht nur schlüssig nachvollziehbar, sondern dem Hörer auch eine gute Stütze, sich in dem knapp dreiviertelstündigem Opus zurechtzufinden. Die anderen, kürzeren Kompositionen des Abends von Chopin und Skrjabin (Préludes, Nocturne, Étüdes, Scherzo) hätten sich durch die Musik wohl weitestgehend selbst erklärt, doch auch zu diesen gab Pacini einiges Erhellendes mit auf den Weg. Allein ihrem geschliffenen Sprachstil zu lauschen war ein Vergnügen; die Einblicke in tonartliche Zusammenhänge und stilistische Verwandtschaften bei der Konzeption des Programmes verstärkten den Eindruck eines überaus klugen Umganges mit ihrem Metier. Denn sie findet in ihrer pianistischen Handschrift zu Synonymen ihrer Sprache: Sprache wird zu Musik und Musik zu Sprache. Beide sind emotional, sehr persönlich und poetisch geprägt, getragen von einem starken Bewusstsein, das Wissen mit Leidenschaft verbindet, ohne verkopft oder schwärmerisch zu sein. So beeindrucken ihre Interpretationen durch ebensoviel Temperament wie Klarheit. Sie arbeitet wichtige „Stimmen“ klar heraus und stellt deren Aussage in den Vordergrund. Diese „sprechende Musik“ ist plastisch und gut verständlich, strukturiert und dennoch von warmer Lebendigkeit. Die Bewunderung für die mühelose Bewältigung der hohen Anforderungen an die Handwerklichkeit wie etwa in Chopins Ballade Nr. 1 g-Moll sowie der mentalen Durchhaltekraft waren der Künstlerin gewiss; mindestens ebenso gebannt war man von ihrer Fähigkeit, Musik spannend durch Hände und Sprache Gestalt annehmen zu lassen. „Lärm“ und „wüstes Toben“ bekamen einen Sinn, das „Schaurige“ verlor durch Wissen seinen Schrecken, der „edlen Erhabenheit“ wurde sensible Vernunft an die Seite gestellt. Und die Schönheit? Manche Passage in den Werken war sicher nicht als „schön“ zu bezeichnen; doch pianististische Delikatesse kleidete auch die schroffen Klänge in ein zumindest ansprechendes und charaktervolles Gewand. Eine Zugabe sei eigentlich weder möglich und nötig, meinte Pacini selbst, doch die verinnerlichte Bearbeitung von Händels „Lascia ch’io pianga“ bekam durch die besondere Ankündigung ihren berechtigten Platz.

Barbara Fischer

Sophie Pacini gibt eine Einführung zu den gespielten Stücken

Sophie Pacini vor der Zugabe