4. Konzert: Ensemble – Zefiro

Das Dezember-Konzert des Vereins junger Kaufleute soll möglichst nicht an einem Wochenende stattfinden, um vielen Traditionsveranstaltungen, die zum Advent geplant sind, nicht im Wege zu stehen. Trotzdem war der Besuch überaus erfreulich, was auch mit dem gebotenen Programm zusammengehangen haben mag. Bach´s  Musik überhaupt und speziell seine Orchestersuiten passen ausgesprochen gut in diese Jahreszeit. Aber an einem Abend alle vier Suiten, das ist dann doch eher selten, auch vom CD-Player. 

Aber der Begriff der „Eintönigkeit“ wäre eine größtmögliche Beleidigung für das farbenreiche Spiel des Ensemble „Zefiro“; das Wechselspiel der Instrumentengruppen live zu sehen, das Aufeinander-Hören der Musiker nachzuempfinden und die körperlichen Anstrengungen mitzuleiden (nicht nur der Bläser), die aus solch genialen Kompositionen ein Musikerlebnis zauberten, das lange im Gedächtnis bleiben wird, das war ein Erlebnis! Ein großes Dankeschön gilt wieder mal der Arbeit von Cembalobaumeister Dietrich Hein, der uns sein Instrument zur Verfügung gestellt hat.

Das Ensemble „Zefiro“ war am Dienstagabend aus Genua via Amsterdam in Leer angekommen; schon am nächsten Morgen ging es wieder zurück über die Alpen. Diese Reisestrapazen hat man den Musikern nicht angemerkt. Das gemütliche Beisammensein nach dem Konzert mit dem Ensemble und Gästen des Konzerts war äußerst kommunikativ und für die Musiker ein gelungener Abschluss einer kleinen Tournee mit diesem tollen Programm.

Konzertkritik

„Nicht Bach, „Meer“ sollte er heißen!“, befand Ludwig van Beethoven. „Ozean“ träfe es wohl noch besser, wollte man den kompositorischen Einfallsreichtum des großen Thomaskantors beschreiben. Seine vier Orchestersuiten belegen dies eindrücklich. „Man kennt sie so gut, aber man hört sie immer wieder gerne“, meinte eine Besucherin am Mittwoch beim Konzert des Vereins junger Kaufleute mit dem Ensemble Zefiro in der Blinke zu Leer. Recht hat sie, gibt es doch auch beim gefühlt 150. Mal noch Neues zu entdecken, wie z.B. einzelne Stimmen zu sondieren, versuchsweise die Harmonik zu entschlüsseln. Oder sich fallen zu lassen in diese Musik, einzutauchen in den Ozean aus Klängen, Wirkungsweisen zu analysieren oder einfach nur zu genießen. Wie kaum ein anderer verstand es Bach, mit zwei, drei wuchtigen Akkorden und einigen verbindenden Füllnoten Festtagsstimmung und Hochgefühl zu verbreiten. Pauken und Trompeten liefern in der Hauptsache ersteres, die Streicher ergänzen; fertig ist innerhalb weniger Sekunden das komplette Bild einer prächtigen barocken Hofkapelle, Glanz und Gloria für Unterhaltung und Selbstdarstellung der Fürsten. Doch bei Bach ist es stets mehr als vordergründiger und schnell vergessener Glamour. Da ist die ausgeklügelte und breitgefächerte Harmonik, die glänzende Laune mit Tiefgang, Farbe und Substanz füllt; Bachs Fähigkeit, abwechslungsreich und ebenso „bunt“ zu besetzen. Die einzelnen Orchesterstimmen sind häufig virtuos angelegt und verlangen insbesondere von den Holzbläsern mit ihren Endlos-Läufen ein gutes Lungenvolumen. Luftholen? Nicht eingeplant um des fließenden Fortgangs willen. Und damit das Ganze nicht vielleicht doch gleichförmig vor sich hinnudelt, sollte man schlüssig phrasieren und spannungsvoll artikulieren. So wie das Ensemble Zefiro unter der Leitung seines ersten Oboisten und Mitbegründers Alfredo Bernardini. Das wagte zwar keine völlige Neuinterpretation, bewegte sich aber im Feld oberster Barockorchester. Kernig, vital und energisch im Zugriff auf die einzelnen Sätze, in straff voranschreitenden Tempi und dennoch dem Tanzcharakter angepasst, gaben sich Menuett, Bourrée, Gavotte und Gigue in ansteckender Munterkeit die Ehre. Neben soviel tänzerischer Geschmeidigkeit war viel Raum für die „leisen“ Seiten vorhanden: etwa in der innig empfundenen Sarabande aus der 2. Suite in h-Moll inklusive einem exklusiv aufspielenden Traversflötisten, oder dem berühmtesten Satz aller vier Teile, der Air der dritten Suite in D-Dur. Oft genug ge- und missbraucht von den Medien, wenn es ganz besonders bedeutsam sein soll, dann meist nahe am Kitsch, passte diese ruhige und zurückhaltende, auf das Wesentliche konzentrierte Zefiro-Interpretation zum Duktus der übrigen: klar und und bei aller (Spiel-)Freude gepaart mit etwas würdevoller Strenge. Mehr brauchte es eigentlich auch nicht, um jedem Hörer im gut besetzten Saal ein eigenes Gefühl der Erhabenheit zu vermitteln, den ja reichlich vorhandenen musikalischen Jubel in der Aussage quasi zu adeln. Innerlich gestärkt und aufgerichtet ließ sich das Publikum rundum begeistern und wurde in Festtagsstimmung in die Vorweihnachtszeit entlassen.

Barbara Fischer

Ensemble Zefiro vor der Zugabe

Ensemble Zefiro auf zum Abschluss des Konzertes